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Meine Zeit der Reiseberichte ist vorbei

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Bravebird keine Reiseberichte mehr
Foto © Alex Azabache / Unsplash

Manchmal muss man Altes loslassen, um Platz für Neues zu schaffen – so auch jetzt zu Jahresbeginn. In den letzten Jahren habe ich mir viele Gedanken über die Richtung und Zukunft dieses Blogs gemacht: Was macht Sinn, was passt zu mir, was lohnt sich? BRAVEBIRD war schon immer im Wandel, aber selten so intensiv wie jetzt.

Nach einer längeren Phase der Orientierungslosigkeit, wie ich sie vor einigen Tagen in diesem Artikel beschrieben habe, hat sich ein innerer Knoten gelöst, und plötzlich entwickelt sich alles Schlag auf Schlag: neue Projekte, konkrete Ziele und eine deutlichere Vorstellung davon, worauf ich mich in Zukunft fokussieren möchte. Und ich möchte auch gar nicht lange um den heißen Brei herumreden:

Warum ich keine Reiseberichte mehr schreiben möchte

In den letzten Jahren habe ich mich immer schwerer damit getan, Reiseberichte zu veröffentlichen und dem Thema „Reisen“ als Hauptfokus treu zu bleiben. Das liegt nicht nur daran, dass ich selbst inzwischen sehr wenig reise, sondern auch an vielen Entwicklungen in diesem Bereich, die ich sehr kritisch sehe. Die Gründe für meine Entscheidung möchte ich im Folgenden erklären:

1. Ernüchterung und Verantwortung

Reisen ist ein besonderes Privileg, das viele von uns hierzulande genießen können. Doch in den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen drastisch verändert: Der Klimawandel und die Auswirkungen des Massentourismus sind omnipräsent, und dennoch scheint es, als würden viele Menschen, Medien und Reiseveranstalter einfach so weitermachen, als gäbe es all das nicht. Die Diskrepanz zwischen Realität und Reiseglorifizierung kann ich immer schwerer ertragen.

Mir geht es nicht darum, das Reisen schwarz zu malen. Aber die aktuelle Form von FOMO und dem “höher, schneller, weiter”, die besonders durch Social Media und die endlose Schwärmerei zusätzlich befeuert wird, ist einfach undenkbar unglücklich. Selbst mit einer kleineren Reichweite hat man Einfluss – und kann damit unglückliche Trends fördern, die in dem Ausmaß dann großen Schaden anrichten können (Stichwort Vanlife). Ich fühle mich damit nicht mehr wohl und daher ziehe ich hiermit einen Schlussstrich.

2. Unterforderung

Was viele vielleicht nicht wissen: Das Schreiben von Reiseberichten ist extrem zeitaufwendig. Ein einziger Bericht kostet mich manchmal drei bis vier volle Arbeitstage – für Fotoauswahl und -bearbeitung, Recherchen, das Einfügen von Links, SEO und schließlich die Texte selbst. Und obwohl dieser Prozess anspruchsvoll klingt, ist er auf Dauer wahnsinnig flach; abgesehen davon, dass dieser hohe Zeitaufwand in den seltensten Fällen die finanzielle Wertschätzung erfährt.

Viele Menschen suchen heute mehr die perfekten Orte statt authentischer Erlebnisse, oftmals zur Selbstinszenierung, für die es Beschreibungen in Superlativen bedarf. Diese Art des Anbiederns ist mir immer schon schwergefallen, und sie bedient Erwartungen, die ich weder teilen noch unterstützen möchte. Tools wie ChatGPT könnten den Prozess zwar erleichtern, erhöhen jedoch die Oberflächlichkeit und machen die Arbeit zu einer monotonen Fließbandtätigkeit.

3. Das Image der „Reisebloggerin“

Die Wahrnehmung von Blogger:innen ist von Vorurteilen geprägt: Menschen, die kostenfrei die Welt bereisen, Vorzüge genießen und dafür ein paar Fotos posten. In der Realität ist man jedoch zugleich Autorin, Fotografin, Reise- und Community-Expertin. Doch diese Vielseitigkeit wird häufig nicht wahrgenommen: Unternehmen erwarten kostenfreie oder minimal vergütete Leistungen und reduzieren einen auf die Rolle eines Werbe-Tools – ohne die eigentliche Arbeit oder die Person dahinter wahrzunehmen.

Die subtile Abwertung ist mir immer wieder begegnet: bei Kooperationen, Vorträgen, Buch-Projekten oder in Kommentaren, hier insbesondere von männlicher Seite. Allzu oft mangelt es an Augenhöhe, weil man eben „nur“ eine Bloggerin ist. Aus einem beruflichen Kontext kommend, der von Anerkennung und Professionalität geprägt war, habe ich diese Schubladisierung irgendwie hingenommen; jetzt ist es jedoch an der Zeit, mich von dem Klischee zu lösen und meiner Arbeit die Wertschätzung und Plattform zu geben, die sie verdient.

Wie geht es weiter?

Reisen wird natürlich immer ein Teil von mir bleiben, und es wird auch wieder Zeiten geben, in denen ich viel unterwegs bin. Doch vermutlich wird das auf eine Art geschehen, die sich von den heutigen Vorlieben vieler Menschen unterscheidet. Daher kann ich bereits jetzt vorhersehen, dass ich diese Reisen nicht wie bisher hier teilen würde. Stattdessen möchte ich mich dem authentischen Reisen widmen und Geschichten erzählen – in Buchform und mit der Tiefe, die meiner Liebe zum Reisen wirklich gerecht wird.

In den kommenden Wochen wird sich diese Webseite also vom klassischen Blog zu einem Online-Magazin weiterentwickeln, das den Fokus auf Lebensthemen und gesellschaftliche Entwicklungen legt. Es gibt so viele wichtige und relevante Bereiche, die in den Medien kaum oder nicht ausreichend behandelt werden, und der große Vorteil einer persönlichen Plattform wie dieser ist, dass ich Inhalte auf meine Weise teilen kann – frei von starren journalistischen Vorgaben. Genau das macht diese Veränderung für mich spannend und wertvoll.

Aber keine Sorge: Das Reisen verschwindet hier natürlich nicht. Wenn ich besondere Unterkünfte entdecke, außergewöhnliche Orte bereise oder spannende Erfahrungen mache, die ich teilen möchte, werde ich das natürlich weiterhin tun. Nur herkömmliche Reiseberichte wird es nicht mehr geben. Ich freue mich auf diesen neuen Abschnitt und bin gespannt, wohin die Reise mich führen wird. Seid gespannt!

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Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und eine bewusste Lebensgestaltung. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zudem verstärkt mit gesellschaftlich relevanten Themen.

3 Kommentare

  • Schade, ich fand deine Reiseberichte immer ganz aussergewöhnlich, einfach auch mal nur so zum anschauen, man muss nicht gleich überall dort gewesen sein. Aber dein Text macht Hoffnung, dass doch immer wieder ein besonderer Ort hier Eingang findet und man staunen kann, was für eine Schönheit es auf der Welt gibt. Für deine Neuausrichtung wünsche ich dir alles gute und bin schon sehr gespannt! Liebe Grüße aus Österreich!

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