Rückschau 2024 – Rekorde, die wir nicht feiern können

Rekorde – ein Begriff, der früher für Fortschritt und Erfolg stand, hat im Jahr 2024 eine zunehmend nachdenkliche Bedeutung gewonnen. Höher, schneller, weiter bleibt weiterhin das Motto unserer Zeit, bei dem selten hinterfragt wird, wo wir eigentlich genau hin wollen. Viele Rekorde im vergangenen Jahr sind definitiv kein Grund zum Feiern, sondern Ausdruck einer Welt, die auf Kosten ihrer eigenen Lebensgrundlage handelt.

Ich habe lange in Tageszeitungen und Nachrichtenformaten gesucht, jedoch keine umfassende Betrachtung, Zusammensetzung der einzelnen Schlagzeilen oder kritische Reflexion über das, was die vielfältigen Negativ-Rekorde im letzten Jahr bedeuten, gefunden. Es scheint, als hätten wir uns an immer neue Höchstwerte gewöhnt. Dabei betreffen diese Rekorde alles, was uns und unsere Zukunft ausmacht. Sie verdeutlichen, wie wir mit unserer Umwelt, unserem Konsum und miteinander umgehen.

Zu Beginn dieses neuen Jahres, in dem viele noch auf Hoffnungen und Wünsche blicken, möchte ich einige der „Rekorde“ von 2024 aufzählen – nicht, um zu feiern, sondern um mal kurz innezuhalten. Denn hinter den Zahlen verbirgt sich eine Prognose, die erzählt, wohin wir steuern…

1. Konsum – Rekorde in 2024

• Globale Kohlenachfrage erreicht neuen Rekord: Mit 8,77 Milliarden Tonnen wurde 2024 der höchste Kohleverbrauch weltweit registriert. *(Quelle: IEA)
• Weltweite Plastikproduktion auf Rekordniveau: Über 400 Millionen Tonnen Plastik wurden produziert. *(Quelle: Tagesschau)
• Noch nie erreichten so viele Pakete aus China Deutschland: Täglich kommen rund 400.000 Pakete von Shein, Temu und Co. an. *(Quelle: Ruhr24)
• So viele Autos in Deutschland wie noch nie: Mit 49,1 Millionen Pkw wurde ein Höchststand verzeichnet. *(Quelle: Tagesschau)
• Fußball-EM bringt Verkehrsrekord am Himmel: 9.979 Flugbewegungen am 15. Juli im deutschen Luftraum, der verkehrsreichste Tag des Jahres 2024. *(DFS)
• Flugreisen in Deutschland nehmen zu: Zwischen Januar und November 2024 wurden 197,17 Millionen Passagiere an deutschen Flughäfen gezählt – ein Anstieg um 7,4 % gegenüber dem Vorjahr. *(Quelle: ADV)
• Rekordgewinn der globalen Fluggesellschaften: Mit 16,4 Milliarden US-Dollar verzeichneten die Fluggesellschaften 2024 den höchsten Gewinn in der Geschichte – ein Anstieg von 67 % im Vergleich zum Vorjahr. *(Quelle: Tagesschau)
• Kreuzfahrt auf Wachstumskurs: Die Zahl der Kreuzfahrtpassagiere erreichte 2023 weltweit mit rund 31,7 Millionen einen neuen Höchststand. Prognosen deuten darauf hin, dass die Passagierzahlen bis 2028 um weitere 10 % steigen könnten. *(Quelle: Statista)
• Größtes Kreuzfahrtschiff der Welt: Die “Icon of the Seas”, das größte Kreuzfahrtschiff der Welt, bietet seit Januar 2024 Platz für bis zu 7.600 Passagiere. *(Quelle: GoClimate)

2. Umwelt

• Höchster globaler CO₂-Ausstoß: Der weltweite CO₂-Ausstoß erreichte mit über 41 Gigatonnen einen neuen Höchststand. *(Quelle: SWR Wissen)
• 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen: Globale Durchschnittstemperaturen erreichten neue Höchstwerte. *(Quelle: Zeit Online)
• Rekordverlust an Regenwaldflächen: Weltweit wurden 88 Millionen Hektar Regenwald zerstört – ein neuer Höchstwert. *(Quelle: WWF)
• Artensterben auf Rekordniveau: In 2024 wurden auf der Roten Liste der IUCN mehr als 166.000 Arten erfasst, davon sind 46.300 bedroht. *(Quelle: WWF)
• Globale Meeresoberflächentemperatur auf Rekordhoch: Februar 2024 war weltweit der wärmste Februar seit Beginn der Aufzeichnungen, Stand 03/2024. *(Quelle: Copernicus Climate Change Service)
• Frühester Earth Overshoot Day in Deutschland: Im Jahr 2024 fiel der Earth Overshoot Day für Deutschland bereits am 2. Mai. 2023 war es der 4. Mai. Zum Vergleich: Der globale Earth Overshoot Day wurde 2024 „erst“ auf den 1. August datiert. *(Quelle: Global Footprint Network)
• Rekordverbrauch von Wasserressourcen: Der Süßwasserverbrauch steigt weiterhin jährlich um knapp 1 %. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung leidet derzeit zumindest saisonal unter schwerer Wasserknappheit. *(Quelle: Weltwasserbericht Unesco)
• Weltweiter Sandverbrauch auf Rekordniveau: Rund 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies jährlich wurden für Bauzwecke verwendet. Dieser Verbrauch übersteigt die natürliche Regenerationsfähigkeit. *(Quelle: Statista)
• Dramatische Bilanz der Brände: In den drei wichtigsten Regionen Brasiliens – Amazonas, Cerrado und Pantanal – wurden insgesamt etwa 230.000 Brände registriert. Die betroffene Fläche entspricht in etwa der Größe Italiens. *(Quelle: WWF)
• Schwere Überschwemmungen weltweit: Mehr als 45 Länder waren von Überschwemmungen betroffen. *(Quelle: Reuters)
• Überfischung auf Rekordniveau: Fast ein Drittel der als “nachhaltig” eingestuften Fischbestände weltweit sind tatsächlich überfischt. *(Quelle: BR)
• Rekordzahl an Jagdscheinen in Deutschland: Über 435.000 Menschen besitzen 2024 einen Jagdschein – so viele wie nie zuvor. *(Quelle: Deutscher Jagdverband)

3. Gesundheit

• Depression betrifft die ganze Familie: 2024 sind 45 % der Bundesbürger von Depression betroffen (aufgrund der eigenen Erkrankung, indirekt als Angehörige oder selbst betroffen und gleichzeitig Angehörige). *(Quelle: Deutsche Depressionshilfe)
• Rekordhoch bei den Krankheitstagen: Im Jahr 2024 waren Beschäftigte durchschnittlich 17,7 Tage krankgeschrieben – ein neuer Höchststand. *(Quelle: Techniker Krankenkasse)

4. Wirtschaftliche Ungleichheit

• Erneute Rekordgewinne fossiler Energiekonzerne: Trotz weltweiter Klimakrise meldeten fossile Energiekonzerne auch im Jahr 2024 erhebliche Gewinne. *(Quelle: Table Briefings)
• Vermögenszuwachs bei den Reichen: Die fünf reichsten Männer der Welt haben ihr Vermögen seit 2020 verdoppelt, das Vermögen aller Milliardär:innen wuchs dreimal so schnell wie die Inflationsrate. Im Gegensatz dazu sind fast fünf Milliarden Menschen ärmer geworden. *(Quelle: Oxfam)
• Rekordniveau bei Kinderarmut: Die Kinderarmut ist in Deutschland auf einen neuen Höchststand gestiegen. Über 21,8 % aller Kinder, mehr als jedes fünfte, leben in Armut. *(Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband)
• Rekord bei Wohnungslosigkeit: Zum Stichtag 31. Januar 2024 waren in Deutschland 439.500 Menschen wohnungslos untergebracht – ein Anstieg von 18 % im Vergleich zum Vorjahr. *(Quelle: BAGW)

5. Gewalt und Rechtsextremismus

• Anstieg der Femizide in Deutschland: Fast täglich wird in Deutschland eine Frau aufgrund ihres Geschlechts getötet. „Die Zahlen und Fakten zeigen, dass Hass und Gewalt gegen Frauen ein zunehmendes gesellschaftliches Problem sind.“ *(Quelle: BKA)
• Straftaten gegen Frauen nehmen in allen Bereichen zu: Die Statistik verzeichnet in allen Bereichen (häusliche Gewalt, digitale Gewalt etc.) einen deutlichen Anstieg weiblicher Opfer. *(Quelle: Tagesschau)
• Anstieg von Straftaten: Politisch motivierte Kriminalität, vor allem rechtsmotiviert, erreicht in Deutschland neuen Höchststand. *(Quelle: BMI)

Es beunruhigt mich, dass man all diese Entwicklungen in den Medien kaum reflektiert oder zusammengefasst findet, ausgerechnet bei der bevorstehenden Wahl. Ebenso beunruhigt mich der Gedanke, welche Partei voraussichtlich in diesem Jahr wieder die Richtung vorgeben wird. Ausgerechnet eine, die über 16 Jahre hinweg mit rückschrittlichen Methoden eher Probleme zementiert, als sie zu lösen.

Getreu dem Zitat von Mahatma Gandhi: “Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt” habe ich mich daher dazu entschlossen, mir die Zeit zu nehmen, diese Fakten einmal zusammenzutragen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber mit dem Wunsch, zumindest ein kleines Stück Bewusstsein zu schaffen – für all das, was uns betrifft und worüber wir dringend sprechen sollten.

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