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Stimmt dein Sternzeichen wirklich? Warum wir (fast) alle das Falsche glauben

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Sternzeichen und Astrologie Kritik

Jahresbeginn – die Zeit der Neuanfänge, Vorsätze und natürlich Horoskope. Kaum eine Zeitung oder Plattform kommt ohne das klassische „Jahreshoroskop 2025“ aus. Es gibt uns Hoffnung, Orientierung und manchmal einfach den Funken Spaß, in die Sterne zu blicken. Doch wusstest du, dass die gängigen Horoskope allesamt auf Sternzeichen basieren, die gar nicht mehr stimmen? Ja, richtig gelesen: Dein Sternzeichen könnte ganz anders sein, als du bisher dachtest. Lass dich überraschen!

Wie kam es zu den Sternzeichen, die wir heute kennen?

Unsere Sternzeichen wurden vor über 2.000 Jahren festgelegt, als Astronomen und Astrologen den Tierkreis in zwölf gleich große Abschnitte unterteilten – je ein Sternzeichen pro Monat. Dieses System basierte auf der Position der Sonne relativ zu den Sternbildern entlang der Ekliptik, also der scheinbaren Bahn der Sonne am Himmel. Seitdem hat sich jedoch einiges verändert:

Durch die sogenannte Präzession der Erdachse, eine langsame, kreiselartige Bewegung der Erde, haben sich die Positionen der Sternbilder am Himmel verschoben. Die Sonne durchquert die Sternbilder heute zu völlig anderen Zeiten als damals. Dennoch wird das ursprüngliche System weiterhin von der sogenannten tropischen Astrologie verwendet, obwohl es längst nicht mehr mit den tatsächlichen Himmelspositionen übereinstimmt.

Wenn man sich mal anschaut, wo die Sonne heute tatsächlich steht, dann gibt es das Problem, dass 86 % aller Menschen mit dem falschen Sternzeichen leben.

– Prof. Dr. Harald Lesch in Terra X „Die Wahrheit über Astrologie“ (Youtube)
Sternzeichen - Sind Horoskope Esoterik?
Ein symbolisches Verfahren, das stark von der Interpretation seines „Lesers“ bzw. seiner „Leserin“ abhängt… (Foto © vetrestudio / Canva)

Heutiger Stand der Sternzeichen

Die tropische Astrologie ist weltweit die gängigste Methode. Dieses System blieb seit der Antike unverändert, obwohl sich die Himmelskonstellationen inzwischen deutlich verschoben haben.

Im Gegensatz dazu berücksichtigt die siderische Astrologie die aktuellen Positionen der Sternbilder, wie sie heute von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) definiert wurden. Das führt dazu, dass viele Menschen ein anderes Sternzeichen haben, wenn man die heutigen astronomischen Daten zugrunde legt. Die tropische Astrologie basiert also auf einem veralteten Modell, das nicht mehr mit der realen Himmelsordnung übereinstimmt.

Vergleich der Sternzeichen:

SternzeichenTropische Astrologie (aktuell genutzt)Siderische Astrologie* (eigentlich richtig)
Schütze22. Nov. – 21. Dez.18. Dez. – 20. Jan.
Steinbock22. Dez. – 19. Jan.20. Jan. – 16. Feb.
Wassermann20. Jan. – 18. Feb.16. Feb. – 12. März
Fische19. Feb. – 20. März12. März – 19. April
Widder21. März – 19. April19. April – 14. Mai
Stier20. April – 20. Mai14. Mai – 21. Juni
Zwillinge21. Mai – 20. Juni21. Juni – 21. Juli
Krebs21. Juni – 22. Juli21. Juli – 10. Aug.
Löwe23. Juli – 22. Aug.10. Aug. – 16. Sept.
Jungfrau23. Aug. – 22. Sept.16. Sept. – 31. Okt.
Waage23. Sept. – 22. Okt.31. Okt. – 23. Nov.
Skorpion23. Okt. – 21. Nov.23. Nov. – 30. Nov.
Schlangenträger*30. Nov. – 18. Dez.

*Hinweise:
1.) Der Schlangenträger (Ophiuchus) ist ein Sternbild entlang der Ekliptik, das in der antiken Astrologie nicht berücksichtigt wurde, aber in der modernen Astronomie existiert.
2.) Je nach Quelle können die genauen Tage bei den siderischen Sternzeichen leicht variieren, da die Berechnungen von der Länge des siderischen Jahres und spezifischen astronomischen Modellen abhängen. 

Mehr über die siderische Astrologie findest du auf der Wikipedia-Seite zum siderischen Tierkreis oder in diesem Artikel, der westlich-siderische Ansätze erläutert.

Ja, aber warum spricht kaum jemand darüber?

Wir wachsen seit Jahrzehnten mit diesem System auf, jeder kennt sein Sternzeichen. Ein so großer Unterschied müsste doch eigentlich für Schlagzeilen sorgen, oder? Ich vermute: Horoskope sind jedoch ein Milliardengeschäft. Plattformen, Apps und persönliche Beratungen generieren hohe Umsätze, im Privaten häufig ohne Rechnung. Diese Inhalte bringen nicht nur Geld, sondern auch Klicks – und genau diese wären bedroht, wenn man an dem bisherigen Glaubenssystem rütteln würde.

Rund 6.000 Astrologinnen und Astrologen in Deutschland erzielen laut GWUP jährlich einen Umsatz von 150 bis 250 Millionen Euro. Die gesamte Esoterikbranche setzt etwa 15 bis 20 Milliarden Euro um – Tendenz steigend.

– artikel „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“ aus jungle.world (Artikel)

Viele Menschen vertrauen auf ihr Sternzeichen, weil es ihnen Sicherheit und Orientierung bietet. Die Vorstellung, plötzlich ein anderes Sternzeichen zu haben, könnte bei vielen Verunsicherung auslösen. Wenn die Grundlage ins Wanken gerät, werden Horoskope schnell infrage gestellt. Und mit dieser Unsicherheit käme weniger Bedarf für persönliche Beratungen, Apps und Plattformen. Genau deshalb wird das Thema selten angesprochen – es könnte das gesamte System destabilisieren.

Was hat das mit dem „Barnum-Effekt“ zu tun?

Der Grund, warum wir Horoskope oft als „so passend“ empfinden, liegt im sogenannten Barnum-Effekt. Dieser psychologische Trick sorgt dafür, dass wir allgemeine Aussagen wie „Du bist ehrgeizig, aber manchmal unsicher“ auf uns beziehen. Das macht Horoskope scheinbar treffsicher – egal, ob das Sternzeichen stimmt oder nicht. Mehr dazu kannst du z. B. in diesem Artikel vom Digitalen Institut nachlesen und wie die Täuschung durch Horoskope abläuft.

Sternzeichen Astrologie Esoterik Kritik
Astrologische Würfel mit Sternzeichen-Symbolen sollen Antworten auf Fragen geben – eine Methode, die auf Zufall basiert und weder wissenschaftlich fundiert noch überprüfbar ist. (Foto © Neirfy / Canva)

Wissenschaftlich gesehen…

Astrologie hat keine wissenschaftliche Grundlage! Studien zeigen, dass Menschen genauso auf „falsche“ Horoskope reagieren wie auf die vermeintlich „richtigen“. Das zeigt: Es geht mehr um Symbolik und Glauben als um tatsächliche Astronomie. Die Verschiebung der Sternzeichen unterstreicht, dass die Verbindung zwischen Persönlichkeiten und Sternbildern willkürlich ist. Wissenschaftlich gesehen sind Horoskope also eher ein Spiel als eine ernsthafte Methode.

Esoterik oder Spiritualität?

Astrologie, wie sie heute oft präsentiert wird, gehört eindeutig zur Esoterik. Sie wird von Influencerinnen häufig als „spirituell“ dargestellt, doch in Wahrheit handelt es sich um eine stark kommerzialisierte Form von Glauben, die wenig mit echter Spiritualität zu tun hat. Esoterik nutzt Hoffnung und Sehnsüchte nach Sinn und Orientierung aus – oft zu überhöhten Preisen und mit Aussagen, die kaum überprüfbar sind.

Manche behaupten, dein Sternzeichen könne dir deine Seelenaufgabe, Bestimmung oder Berufung zeigen. Solche Angebote reichen von Horoskopen bis hin zu persönlichen Beratungen oder Kursen, die oft mehrere hundert Euro kosten. Dabei werden pseudowissenschaftliche Behauptungen mit emotionaler Ansprache vermischt – weniger zur Aufklärung, sondern vielmehr, um wirtschaftlichen Profit zu erzielen.

Astrologie ist wissenschaftlich nicht belegt!

Das bedeutet, dass ihre Aussagen und Vorhersagen keine nachweisbare Grundlage haben – und sie deshalb immer kritisch hinterfragt werden sollten.

Warum ist Esoterik so problematisch?

Esoterik mag auf den ersten Blick harmlose Unterhaltung sein, doch sie birgt erhebliche Gefahren. Sie fördert oft eine Abkehr von wissenschaftlichem Denken und hinterfragt etablierte Erkenntnisse zugunsten von unbelegten Behauptungen. Dies kann dazu führen, dass Menschen auf äußere Einflüsse oder „kosmische Kräfte“ hoffen, anstatt selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Und es zieht ihnen häufig sehr viel Geld aus der Tasche!

Gerade in Krisenzeiten suchen viele Halt und Orientierung, was sie anfällig für kostenpflichtige Beratungen, Kurse oder Produkte macht. Statt das Individuum zu stärken, werden oft Abhängigkeiten geschaffen – von angeblich allwissenden Beratern, „spirituellen Coaches“ oder esoterischen Systemen. Diese Abhängigkeit kann Tür und Tor für verschwörungsideologische Denkweisen öffnen, da Esoterik und Verschwörungsmythen häufig ähnliche Mechanismen nutzen: Sie bieten einfache Antworten auf komplexe Fragen, indem sie Wissenschaft und rationales Denken diskreditieren.

Insgesamt verstärkt Esoterik nicht nur persönliche Passivität, sondern auch gesellschaftliche Spaltungen. Wer sich einmal in esoterische Denkmuster vertieft, gerät leicht in eine Parallelwelt, in der Vertrauen in Wissenschaft und faktenbasierte Systeme durch diffuse, oft angstgetriebene Narrative ersetzt wird. Dies kann gefährliche Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft haben.

Sternzeichen Horoskope Zukunft Hoffnung Kritik
Glückskekse: Hoffnung und Zuversicht gibt es auch günstiger (Foto © atlasstudio / Canva)

Fazit

Die Erkenntnis, dass ich nach der neuen Berechnung eigentlich Widder und nicht Stier bin, zeigt eines sehr deutlich: Jahrzehntelang habe ich die Eigenschaften des Stiers betrachtet und mich darin irgendwie wiedererkannt – genauso wie es jetzt „zufällig“ beim Widder der Fall ist. Das macht klar, dass beide Systeme letztlich rein auf subjektiven Interpretationen beruhen und nichts mit objektiver Wahrheit zu tun haben.

Diese Einsicht zeigt auch, dass beide Ansätze – tropisch wie siderisch – nichts weiter als Konstrukte sind. Sie bedienen unsere Sehnsucht nach Orientierung, geben aber nichts Greifbares oder wissenschaftlich Belegbares zurück. Doch eines muss man der Astrologie lassen: Für humorvolle Momente und eine unterhaltsame Perspektive auf das Leben sind Horoskope immer gut – aber für mehr eben nicht.

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Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und eine bewusste Lebensgestaltung. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zudem verstärkt mit gesellschaftlich relevanten Themen.

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